Montag, 5. September 2016

Kanzlerdiktatorin und Flintenmuschi

Ich bin kein großer Fan von Angela Merkel. Aber das ist ein anderes Thema. Der Wahlausgang in Mecklenburg-Vorpommern war definitiv eine Nachricht nach Berlin, an sie. Björn Höcke von der AfD bezeichnete sie in ihrem Freudentaumel sogar als "Kanzlerdiktatorin" und genau das sollte uns zu denken geben. Beim Lesen von Facebook sah ich zwei herausstechende Arten von Meinungen: Die einen bezeichnen den Ausgang der Wahl in "Meckpomm" als typische Protestwahl, die anderen widersprechen dem und sagen dass wer Rassisten wähle auch einer sei und das solle man nicht schön reden. Ich finde beide Meinungen treffen zum Teil schon zu. Schaut man sich an was die altgedienten Parteien an Prozentpunkten verloren haben, dass sind das so gut wie genau die rund 20%, die die AfD gewonnen hat. Obwohl die meisten Menschen in M/P eigentlich zufrieden mit ihrer Landesregierung sind hat sich ein Teil davon der AfD zugewandt. Das ist, wie ich oben schon sagte auch sicherlich eine Aussage, die man Berlin gegenüber treffen wollte. Dabei will ich nicht verharmlosen, 20% der Wähler haben Rassisten gewählt. In dem Bundesland in dem es die wenigsten Flüchtlinge gibt. Man hat Angst vor dem Fremden, man will nicht, das  "solche Leute" in die idyllische Einöde kommen. Man will keine Flüchtlingsheime, und wenn die Grenzen nicht dicht gemacht werden, dann wenigstens nicht vor der eigenen Haustür. Das wollte man "denen da oben" mal so richtig zeigen. Erst Recht der Kanzlerin - der Diktatorin - da in Berlin. Die gesagt hat "wir schaffen das" der wollte man zeigen, dass man es nicht schaffen will, weil man dieses Problem gar nicht will. Und sie bestimmt einfach über den Willen des Volkes. Sie lässt trotzdem Leute rein. Sie, eine Frau sagt uns was wir zu tun und zu lassen haben. Eine Frau! Das hat uns ja schon immer am meisten gestört an ihrer Politik. Soll sie endlich abtreten. Dann kommt die "Flintenmuschi" (Höcke) gleich hinterher. Noch so eine. Ein Frau als Chef der Bundeswehr, geht ja auch nicht. Die haben doch beide keine Ahnung wie das richtig geht. Die wollen uns aber vorschreiben, was wir tun sollen. Wir haben nichts gegen Frauen. Wir sind ja auch keine Nazis, aber...

Donnerstag, 28. Juli 2016

Die prophetische Vision des Frank Herbert in "Der Wüstenplanet"

Nachdem ich gestern den Roman oder genauer die Bühnenfassung von 1984 mit aktuellen Ereignissen in Zusammenhang gebracht habe und das mal auf eine andere Weise, als die Überwachung zu betrachten, will ich mich heute mit Frank Herberts "Der Wüstenplanet" auf ähnliche Weise auseinandersetzen. Ich beschränke mich hierbei bewusst auf das erste Buch der Wüstenplanet Saga, weil es für mich bestimmte Ansätze beleuchtet, die in den folgenden Büchern anderen Dingen gewichen sind und mich nicht mehr so sehr angesprochen haben, wie im Wüstenplaneten selbst.

Der Hauptort, an dem der Science Fiction Roman spielt ist der Wüstenplanet Arrakis, welcher an seiner Oberfläche im großen und ganzen aus weit ausgedehnten Sandwüsten und ein paar Gebirgen besteht. Ich will gar nicht zu sehr auf die Haupthandlung eingehen, weil die Punkte, die ich hier betrachten möchte, teils Nebenschauplätze sind, teils einfach nur Erwähnungen oder generelle Fakten in welche die Geschichte selbst später eingebettet ist.

Wasser

Das Leben der Menschen auf dem Planeten Arrakis ist geprägt vom ständigen Wassermangel und hat sich mit der Zeit an diesen weitestgehend angepasst. So sind zum Beispiel die wenigen Wasserhändler sehr reiche Männer mit sehr hohem politischen Einfluss, da das Überleben der Menschen in den Städten buchstäblich vom Wasser abhängt. Die Herrscherfamilie von Arrakis besitzt sogar ein Gewächshaus und gibt täglich Almosen in Form von Wasser an die Armen.

Das Volk der Fremen, das den Planeten schon lange vor der Ankunft der Bürger des interstellaren Imperiums bewohnte, bedient sich teils einfach anmutenden, aber hochentwickelten Techniken, um sich mit Wasser versorgen zu können: So tragen sie, wenn sie sich in den Wüsten bewegen Destillatanzüge, welche jeglicher körperlicher Ausscheidung das Wasser entziehen, es reinigen und in Beuteln auffangen, damit es wieder zu sich genommen werden kann wenn nötig. So verliert der Mensch durch diese Anzüge maximal einen Fingerhut an Wasser pro Tag an die Umgebung und kann sich so über längere Zeit in der Wüste aufhalten. In den Gebirgszügen innerhalb der Wüsten, in denen die Fremen in Höhlen wohnen sind Wasserfallen aufgestellt, die gerade am Morgen sich in der Luft befindliche Feuchtigkeit auffangen und in Reservoire im Gebirgsinneren leiten.

Der Hauptcharakter Paul Atreides muss am Anfang des Buches vom Wasserplaneten Caladan mit seiner Familie nach Arrakis umziehen, weil seinem Vater Leto die Herrschaft und Verwaltung von Arrakis zugesprochen worden ist. Dieser Umzug fällt ihm nicht gerade leicht und seine Verbindung zum bisherigen Wohnsitz macht ihm die Wasserknappheit auf Arrakis auf besondere Weise bewusst.

Landschaft und Kultur

Frank Herbert hat sehr viel für seine Saga recherchiert und sich für Arrakis wohl sehr stark an den Ländern des nahen Ostens und der Maghrebstaaten orientiert. So könnten die Beschreibungen der Wüsten und Gebirge auf Beschreibungen der Landschaften der genannten Gebiete sein. Die Fremen sind stark an die Nomadenvölker wie bspw. die der Berber angelehnt. Dazu hat er auch viele Audrücke übernommen, die hauptsächlich den Sprachen in diesen Gebieten und insbesondere dem Arabischen entnommen sind. Zwei Worte stechen hier für mich besonders heraus: So gab es zum einen in der Historie der beschriebenen Welt einen Krieg der Butlers Dschihad genannt wird. In diesem wurde gegen jegliche Form der Denkmaschinen gekämpft und sie vermeintlich vollkommen vernichtet. Zum anderen heißt der Imperator zu der Zeit in der das Buch handelt Shaddam IV. Dieser Imperator wird von einer hochspezialisierten, militärischen Sondereinheit beschützt, den Sardaukar.

Der Rohstoff

Der lebensfeindliche Planet Arrakis, der vermeintlich nichts zu bieten hat außer Einöde, besitzt die Eigenschaft, dass es auf ihm einen Rohstoff zum Abbau gibt, der sonst in der gesamten Galaxie nicht zu finden ist und von dem die Existenz der Menschheit in der Galaxie abhängt. Es ist die Droge Melange oder auch Spice. Von dieser Droge sind alle in der Galaxie abhängig. Nicht mit ihren Körpern selbst, sondern auch durch die Tatsache, dass ihre Raumschiffnavigatoren nur mit Hilfe der Melange überhaupt navigieren können ohne die Hilfe von den in Butlers Dschihad zerstörtern Denkmaschinen. Ohne die Melange würde der Interstellare Verkehr zum Stillstand kommen und das Imperium in sich zusammenfallen.
Das macht natürlich die Herrschaft über Arrakis und damit die alleinigen Abbaurechte zum Spielball politischer Kämpfe und Intrigen.

Religiöser Fanatismus

Dem Hauptcharakter Paul Atreides wird von der Schwesternschaft der Benne Gesserit zugeschrieben, dass er die messianische Inkarnation des Kwisatz Haderach sei, die von uralten Prophezeihungen vorhergesagt worden ist.  Als er beginnt, bei den Fremen zu Leben und mit der Zeit ihr Anführer wird, sehen auch diese in ihm eine religiös prophezeite Führergestalt: Den Muad'Dib, dem sie folgen und gehorchen. Er selbst hat Visionen in denen er sieht, wie fanatische Kommandos in seinem Namen brandschatzend durch die Galaxie ziehen. Diese Visionen beunruhigen ihn, da er genau das eigentlich nicht will, ihm aber auch bewusst ist, dass der dies nicht zu ändern vermag.

Schlüsse

Vergleichen wir die oben angerissenen Themenkomplexe dann können wir einige Parallelen zur aktuellen Lage erkennen, die Herbert mit dem Buch quasi vorweggenommen hat bzw. die Situation zur Entstehungszeit (Erstveröffentlichung war 1965) konsequent weitergeführt und in literarischer Form verarbeitet hat.

Es gab mittlerweile schon ein paar Konflikte um Wasser und es wird mit Sicherheit weitere geben, wenn das nicht sogar der Hauptkriegsgrund in Zukunft sein wird. Eines der besten Beispiele für den Streit um Wasser ist der im Westjordanland.
Es gibt auch die These, dass die Flüchtlingskrise und der Wassermangel auf Grund von zu wenig Regen und höchstwahrscheinlich des Klimawandels direkt miteinander in Zusammenhang stehen. Ich halte diese These für sehr plausibel und bin der Meinung, dass bei diesem Thema wesentlich stärker angesetzt werden muss, sonst könnten uns im krassesten Fall ein Planet wie Arrakis und heftigste Kriege drohen.

Schauen wir uns Organisationen wie den IS, das selbsternannte Kalifat, an, so finden wir hier genau die von Frank Herbert behandelten Themen von religiösem Fanatismus gepaart mit den militärischen Spezialisten von Saddam Hussein. Die Ähnlichkeit der Namen sind hier wohl eher ein Zufall, da Hussein erst 1979 im Irak an die Macht kam, trotzdem lässt sie doch aufmerken. Ich denke auch, dass er Worte aus dem arabischen wie Dschihad durchaus bewusst gewählt hat, wobei ich nicht davon ausgehe, dass er damit die Religion des Islam selbst als Kritikpunkt gewählt hat, sondern eher erkannt hat, dass religiöser Fundamentalismus, den es ja bekanntlicherweise auch in anderen Religionen gibt, in Kombinationen mit den Problemen der Landschaft bzw. der Wasserknappheit und den politischen Spielen der Großmächte um den höchst wichtigen Rohstoff Öl in diesen Gegenden zu einem Pulverfass macht, das wir in seiner Explosivität mindestens unterschätzt haben, wenn nicht sogar die Folgen bis heute nicht komplett überschauen können.

Damit hat er einen Großteil der Probleme, die wir heute haben vorrausgesehen und ich wage zu vermuten, dass sein Buch auch eine Warnung sein sollte.

Disclaimer

Mir ist vollkommen bewusst, dass ich mich hier auf ein Terrain begeben habe, das nicht gerade einfach ist; daher ist es mir wichtig zu sagen, dass ich keineswegs Aussagen gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen oder Religionen unserer Erde zum Ausdruck bringen wollte. Ich habe versucht mich möglichst objektiv zu halten, sollte dennoch der Eindruck von Rassismus o.ä. entstanden sein, so ist das in keinster Weise gewollt oder beabsichtigt.

Mittwoch, 27. Juli 2016

1984: heute

Meine Frau und ich waren neulich im Karlsruher Sandkorntheater in der Bühnenfassung von 1984. Ich habe das Buch irgendwann während oder nach der Schulzeit gelesen, konnte mich aber nur noch daran erinnern, dass es höchst beklemmend zu lesen war. Während im Lauf des Stückes die einzelnen Puzzleteile, die ich in den letzten Ecken meine Gehirns gespeichert hatte, wieder an ihren Platz fielen, machte ich zusätzlich noch eine Beobachtung:

Winston Smith macht im Laufe der Geschichte die Entdeckung, dass er als einer der wenigen das System meint zu durchschauen. Er schließt sich im weiteren Verlauf der Bruderschaft an um gegen Big Brother zu kämpfen und die Menschen um ihn herum aufwachen und erkennen zu lassen, was eigentlich gespielt wird.

Genau das erinnerte mich an die Aussagen von Verschwörungstheoretikern und Anhängern der AfD oder auch PEGIDA. Das erste Mal begegneten mir diese Art der Aussagen bei Frei.Wild-Fans; da wurde Kritikern der Band, neben den üblichen aggressiven Angriffen gesagt, sie sollten sich doch einmal richtig mit den Texten beschäftigen und erkennen, dass Frei.wild nicht rechtsradikal seien. Gleichzeitig konnte oder wollte nicht erkannt werden, dass die Texte der Band durchaus völkische Aussagen beinhalteten. Jedoch konnten die aggressivsten Fans, allein von ihrem geschichtlichen Wissen gar nicht erkennen, was der Vorwurf von völkisch geprägten Texten eigentlich bedeutete. Trotzdem wurde weiter an dem Strohhalm festgehalten, dass wenn man sich nur intensiv genug mit den Texten auseinandersetze, man schon erkennen werde...

Das ging genau so weiter, z.B. bei den sogenannten Mahnwachen für den Frieden, als sich die sehr inhomogene Gruppe von Leuten zusammenfand, um für den Frieden in der Ukraine zu demonstrieren. Angeführt von Verschwörungsanhängern, wie Ken "Ken.FM" Jebsen und dem Compact Chefideologen Jürgen Elsässer. Unter der Flagge der Friedenstaube wurden hier Reden über "Die da oben" und den Staat gehalten, der in den Augen der Teilnehmer mit geheimen Aktionen "das Volk" ruhigstellte und blendete. Eines der Beispiele, die hier gerne angeführt wurde, war die Theorie der sogenannten Chemtrails: Einer angeblichen Großaktion von geheimen Organisationen, die im Hintergrund die Staatschefs der Welt leiteten, welche darauf abziehlt, verschiedenste Chemikalien mit Flugzeugen auszubringen, um die "einfachen Menschen" unbemerkt von diesen zu beeinflussen und zu indoktrinieren bzw. wahlweise zu vergiften. Oder auch um mittels Terraforming, das Aussehen unserer Erde zu verändern.

Diese und andere Theorien haben sich von dort aus in die Demonstrationen der PEGIDA weiterverbreitet, oder sind dort einfach bestehen geblieben, da Besucher von Wahnmachen und PEGIDA Demonstrationen wahrscheinlich dieselben sind. Wenn wir uns heute das Parteiprogramm der AfD anschauen, so finden wir mit Leugnungen des Klimawandels auch hier Theorien, die jeglicher wissenschaftlichen Grundlage entbehren und auf genau die Ängste dieser Leute abzielen, die befürchten, dass die Wissenschaft eben auch nur vom "System" gesteuert sei und die quasibeweisende Grundlage liefern solle, das Volk zu kontrollieren, belügen und in Schach zu halten.

Ein weitere Theorie aus dieser Ecke ist, dass das System/die Regierung/die UN den Plan großangelegter Umsiedelungen gefasst hätten. So wird die Flüchtlingskrise als eine Bestätigung dieses Planes gesehen, das deutsche/europäische "Volk" durch Vermischung mit Migranten aufzulösen, bzw. langsam zu vernichten.

An diesen Punkten, wird Kritikern auch immer wieder gesagt, sie sollen endlich aufwachen, erkennen und würden irgendwann schon sehen. Im Prinzip, sehen sich diese Leute als Winston Smiths, die bereits erkannt haben und nun als kleine, aber immer größer werdende Gruppe (Die Bruderschaft) gegen das System (Big Brother) kämpfen. Sie wähnen sich bewusst, oder unbewusst in der Situation der Geschichte von 1984. George Orwell hatte den Roman als Dystopie gegen den totalitären Präventions- und Überwachungsstaat geschrieben. Eine Dystopie ist im Gegensatz zur Utopie eine stark negativ überzeichnete Geschichte, die eine höchst beunruhigende Zukunft zeigt. In dieser Form der Zukunft befinden sich diese Leute vermeintlich, wobei wir nicht davon ausgehen können, dass sie das Buch überhaupt gelesen haben. Was man daran erkennen könnte, dass sich am Ende des Buches herausstellt, dass die Bruderschaft auch nur eine Organisation von Big Brother ist, um Leute zu finden und zu bestrafen, die nicht systemkonform denken.


Hier könnte man direkt mit dem Problem der Filterblase weitermachen, aber das ist genug Stoff für einen eigenen Artikel.

tl;dr
Anhänger von Verschwörungstheorien wähnen sich in der Situation von Winston Smith in 1984 von George Orwell.